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Friday, November 2, 2012

Class Notes 2 (November 1)


Über Gewalt
Von John Keane, Violence and Democracy, Cambridge University Press, 2004.

Die Aussage des Buches: Gewalt ist der größte Feind der Demokratie, weil Gewalt Anathema zum demokratischen Geist und Substanz ist.

Demokratie beinhaltet eine Reihe von Institutionen und Lebensweisen, deren Ziel die gewaltfreie, gleichmäßige Verteilung und öffentliche Kontrolle von Macht innerhalb einer Nation ist, die gemäß von Prinzipien und Werten zusammen lebt.

Demokratie erfordert:
a)      Respekt für alle, auch für die, die anders sind
b)      Respekt für die Opposition
c)      Kritik über die Machtinhaber
d)      Unabhängige Zivilgesellschaft

Aber, Demokratien können auch gegen ihre eigene Bevölkerung Gewalt ausüben, z.B.:
a)      Durch Gesetz und Ordnung
b)      Sicherheit für die öffentlichen Interessen
c)      Sicherheit für Bürger
d)      Terrorismusbekämpfung

Reife Demokratien erachten die Ausübung von Gewalt kritisch, und zwar auch die Institutionen, welche legitim Gewalt ausüben. Gewalt ist nicht nur die Ausübung illegaler Gewalt. Auch die legitime Gewalt (force) ist kritisch gesehen.

Demokratien bekennen sich zu Gewaltlosigkeit.

In Demokratien teilen die Bevölkerung und politische Eliten eine friedliche Ansicht der Welt.

Durch alltägliche Routine (Gespräche, Gesten, Tätigkeiten, Planung, etc.), oder wie der Autor sagt, durch seine Höflichkeit, strebt der Mensch an, Gewalt zu entwurzeln.

Diese Eigenschaft – Gewalt als politisch ersetzbar zu sehen – ist die Antwort auf die Frage, warum Demokratien keinen Krieg gegen andere Demokratien führen.

Trotzdem müssen Demokratien in vielen Fällen Gewalt ausüben. Reife Demokratien haben daher ein Dilemma: entweder stehen sie zum Prinzip der Gewaltlosigkeit und greifen nicht in eine bestimmte Situation ein, oder sie greifen ein und werden dann interventionistisch angesehen.

Der Autor argumentiert weiter, dass Gewalt unvorhergesehen und auslöschbar ist. Aber Gewalt kann demokratisiert werden, d.h. die Mitteln und Institutionen der Ausübung von Gewalt sind auch immer der Öffentlichkeit gegenüber verantwortlich. So kann und soll Gewalt verhindert und unnötig gemacht werden.

Keane argumentiert, dass Demokratie und Gewalt eine enge Beziehung zueinander haben.

Keane: Die Theorie des demokratischen Friedens ist nicht realistisch. Während Demokratien zwar keine Kriege gegeneinander führen, leben die Bürger in diesen Demokratien immer noch in Gewalt innerhalb der Grenzen.

Aktuell befindet sich die Welt in einen Gewalt-Dreieck:
1)      Nukleare Staaten post-kalter Krieg
2)      Unzivilisierte Kriege (wo Gewalt das Ende ist, nicht das Mittel)
3)      Apokalyptischer globaler Terrorismus

Keane’s Definition von Gewalt
Die Definition von Gewalt ist kompliziert und umstritten.

Gewalt wurde demokratisiert: a) der Geltungsbereich ist erweitert; b) die Bedeutung ist kontextabhängig; c) als Variable in Zeit und Raum (es ändert sich über die Zeit, z.B. Tierquälerei).

Demokratisierung des Konzepts Gewalt bedeutet, dass mehr und mehr Gewalt (Gewaltformen, die vorher als natürlich angesehen wurden) auch als Gewalt anerkannt ist.

Richtlinien für eine Reflektion über Gewalt

1)      Eine Definition, basiert auf absichtlicher Handlung, soll auf keinen Fall an eine Motivation gebunden werden.
2)      Definitionen, die auf Referenzen bezogen sind (aggressiver Instinkt), sollen abgelehnt werden. Es gibt viele Gründe, warum Leute gewalttätig sind.
3)      Gewalt soll nicht als Gegenteil von gesetzmäßig gedacht werden.
4)      Gewalt gegen Gegenstände ist von Gewalt gegen Personen zu differenzieren.

Der Autor definiert Gewalt weniger normativ von der etymologischen Bedeutung von violentia = force und latus = excercise è to exercise physical force.

„It is better understood as the more or less intended, direct but unwanted physical interference by groups and/or individuals with the bodies of others, who are consequently made to suffer a series of effects ranging from shock, speechlessness, mental torment, nightmares, bruises, scratches, swellings, or headaches through to broken bones, heart attacks, loss of body parts, or death.“

Arten von Gewalt

Gewalt ist:
·        Intentional – hat immer eine Intention
·        Verkörpert – embodied – berührt immer einen anderen Körper
·        Vermittelt – mediated – Gewalt durch etwas anderes (institutionalisierte Gewalt)
·        Behindert – Bewegung und kommunizieren
·        Diebstahl – Freiheit

Gewalt greift den Körper von Menschen an und macht aus ihren Körpern angreifbare Objekte.

Laut Keane sind Definitionen, die versuchen, die Bedeutung von Gewalt zu dehnen (d.h. mit einer Inklusion von Person, Institution und Kultur und einer Verbindung zur Befriedigung  menschlicher Bedürfnisse, Identität, Freiheit, etc.) wenig hilfreich, da solche Definition das Konzept exzessiv relativieren.

Keane distanziert sich von Galtung’s (1969) structural violence – physical and psychological harm that results from exploitive and unjust social, political and economic systems. This is not necessarily carried out by individuals but is hidden to a greater or lesser extent in structures that prevent people from realizing their potential.

Ist das Gewalt?

1)      Ein Dieb, der seinen Komplizen fragt, ihn zu schlagen, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu locken?
2)      Der alkoholisierte Fahrer, der einen Radfahrer überfahren hat?
3)      Eine Person, die fahrlässig zu Boden gestoßen wird von eine Gruppe Jugendlicher die mit Kopfhören laut Musik hören? 

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